Wie geht es weiter, wenn die Diagnose steht?

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Ärtzin erklärt Patientin ihre Diagnose

Nur durch eine lebenslange und ausnahmslose glutenfreie Ernährung regeneriert sich die entzündete und abgeflachte Dünndarmschleimhaut wieder zu ihrer normalen Gestalt und Funktion. Schon bei kleinen Glutenmengen setzt die Entzündung erneut ein. Einzelne Fehler führen nicht sofort zum vollständigen Abflachen der Schleimhaut, sondern aktivieren zunächst diese Entzündungsreaktionen. Treten häufiger Fehler auf, kann sich die Schleimhaut nach und nach wieder abflachen. Solange die glutenfreie Diät strikt eingehalten wird, lebt der Zöliakie-Betroffene in der Regel beschwerdefrei. Es gibt derzeit keine andere Möglichkeit zur Behandlung der Zöliakie. Das heißt, der Betroffene muss seine Ernährung und seine Lebensweise grundlegend umstellen.

Bei einigen Betroffenen tritt bereits wenige Tage nach der Ernährungsumstellung eine Verbesserung der Symptome ein. Das Allgemeinbefinden bessert sich und Durchfälle und andere Beschwerden lassen nach. Die Zeit bis zur völligen Beschwerdefreiheit kann jedoch unterschiedlich lang sein, abhängig u.a. vom Schädigungsgrad des Darms, vom Alter des Patienten und von anfänglichen (versteckten) Diätfehlern. Daher dauert es bei vielen Patienten Wochen oder auch Monate, bis sich die Symptome vollständig zurückgebildet haben.

Achtung: Subjektive Beschwerdefreiheit bei Verstoß gegen die Diät bedeutet keineswegs, dass die glutenfreie Ernährung aufgegeben werden darf. Oft treten die spürbaren Beschwerden unter glutenhaltiger Kost sehr spät, manchmal erst nach Jahren wieder auf.

Erste Schritte:

Wenn ein Arzt die Diagnose Zöliakie bei Ihnen als gesichert feststellt, sollten Sie ihn bitten, den Zöliakiepass  auszufüllen und die Richtigkeit der Diagnose durch seine Unterschrift zu bestätigen. Damit soll sichergestellt werden, dass später niemand mehr an der Diagnose Zweifel äußert. Das gilt besonders für Kinder und Jugendliche, die irgendwann vom Kinderarzt zum Hausarzt wechseln. Mit diesem Dokument haben Sie immer alle Untersuchungsergebnisse übersichtlich zusammengestellt. Die weiteren Kontrolluntersuchungen sollten auch immer eingetragen werden, damit man den Verlauf im Blick behält.

Weitere sinnvolle Untersuchungen:

Da es bei der Zöliakie nun häufig zu einer Unterversorgung mit verschiedenen Nährstoffen kommen kann, ist es sinnvoll zu Beginn einmal großzügiger abzuklären, wo ein erhöhter Bedarf vorliegen könnte. Eisen ist mit das am häufigsten unterversorgte Mineral. Daher ist eine Bestimmung des Speicherwertes (Ferritin) sinnvoll. Ist der Wert erniedrigt, kann von einem Mangel ausgegangen werden. Weiterhin werden im oberen Dünndarm u.a. Folsäure und Zink aufgenommen. Auch diese Werte können untersucht werden. Vitamin B12 ist auch oftmals erniedrigt. Calcium und Vitamin D sind auch sinnvolle Tests, da bei vielen Betroffenen eine Unterversorgung mit entsprechenden Auswirkungen auf die Knochen besteht. Um zu sehen, ob eine Leberbeteiligung besteht, sollten auch die Leberwerte GOT und GPT mit bestimmt werden. Eine Schilddrüsenfehlfunktion kann mit Hilfe des Wertes TSH abgeklärt werden. Je nach weiterer Symptomatik muss man auch an andere Defizite denken und diese testen lassen.

Ernährungstherapie:

Um die Ernährungsumstellung möglichst rasch umsetzten zu können, ist es sinnvoll, sich eine mit Zöliakie Ernährungsfachkraft zu suchen. Der behandelnde Arzt kann hierfür eine Notwendigkeitsbescheinigung ausstellen, so dass Teile davon erstattet werden.

Selbsthilfegruppen der DZG:

Der Beitritt zur DZG unterstützt mit vielen Informationsmaterialien die Ernährungsumstellung und hilft bei der Umsetzung im Alltag. Der Austausch mit erfahrenen Ernährungsfachkräften, regionalen Ansprechpartner*innen, den DZG-Kontaktpersonen sowie anderen Betroffenen leistet wichtige Hilfestellung für viele Alltagssituationen. Regelmäßige Gruppentreffen fördern den Erfahrungsaustausch, verbessern die Therapietreue (das dauerhafte Einhalten der glutenfreien Ernährung) und sichern durch die zahlreichen Angebote nachhaltig den Therapieerfolg.

Verlaufskontrollen

Um den Krankheitsverlauf zu beobachten, sollten die Betroffenen anfangs etwas engmaschiger untersucht werden, als später im Verlauf. Die erste Kontrolluntersuchung sollte nach ca. 6 Monaten stattfinden. Dabei werden vor allem die Zöliakie-Antikörper (z.B. Transglutaminase-IgA) kontrolliert. Diese zeigen in den allermeisten Fällen zu diesem Zeitpunkt bereits eine deutlich rückläufige Tendenz. Dies ist jedoch vom Ausgangswert abhängig. Je höher dieser ist, umso länger dauert es meist, bis die Werte wieder im Normbereich angekommen sind. Viele Labore testen die Antikörperwerte auch nur bis zu einem bestimmten Wert aus (z.B. größer als 200). Da man dann keine genaue Angabe hat, wo der Wert tatsächlich liegt, ist es oft schwer zu sagen, wo er bei einer ersten Kontrolluntersuchung liegen müsste. Manchmal liegt er auch nach 4 Monaten noch über diesem Wert von 200. Das bedeutet nicht zwingend, dass die Diät noch schwere Fehler hat. Einen Rückgang von 5000 auf 1000 würde man einfach nicht erkennen. Wenn die Beschwerden deutlich besser geworden sind, kann man die nächste Kontrolle abwarten. Diese sollte dann auch deutlich niedrigere Werte zeigen. Eine Bitte an das Labor, die Werte genau auszutesten, kann diese Unsicherheiten beseitigen.

Bei vielen Betroffenen liegt nach einem Jahr der Antikörperwert im Normbereich, das kann aber auch 18 oder 24 Monate dauern. Halbjährliche Untersuchungen bis zur Normalisierung sollten einen kontinuierlichen Rückgang zeigen.

Vorher auffällige Befunde sollten bei diesen Kontrollen ebenfalls im Auge behalten werden. So sollten sich auch erhöhte Leberwerte innerhalb eines Jahres spätestens normalisiert haben, wenn sie im Rahmen der Zöliakie-Erkrankung auffällig waren. Tritt dies nicht ein, muss an eine andere Ursache (z.B. Virushepatitis oder Autoimmunerkrankung) gedacht werden.

Neben den Laboruntersuchungen sollte natürlich darauf geachtet werden, dass sich die Beschwerden bessern, Wachstum und (Pubertäts-)Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen altersentsprechend voranschreiten und sich bei allen Betroffenen das Gewicht zufriedenstellend entwickelt. Falls Fragen oder Unsicherheiten bei der glutenfreien Ernährung vorhanden sind, sollte eine erneute Ernährungsberatung angeboten werden. Vor allem Jugendliche sollten hier eher großzügig weitergeleitet werden.

Kurz gesagt – erste Schritte nach der Diagnosestellung:
  • Bestätigung der Leitlinien gerechten Diagnosestellung im Zöliakie-Pass durch den behandelnden Arzt
  • Weitere Blutentnahmen: Ferritin (Eisenspeicher), Folsäure, Vitamin B12, Calcium., Vitamin D, Leberwert GPT, Schilddrüsenwert TSH, evtl. Zink
  • Termin bei entsprechend qualifizierter Ernährungsfachkraft zur Ernährungstherapie vereinbaren
  • Verlaufskontrolle der Antikörper und anderer auffälliger Blutwerte nach 6 Monaten

Was ist langfristig notwendig?

Bei unkompliziertem Verlauf mit gutem Befinden und sicherer Umsetzung der glutenfreien Ernährung im Alltag ist eine jährliche Kontrolle der Gewebstransglutaminase-Antikörper ausreichend. Erwachsene, die schon einige Jahre mit der glutenfreien Ernährung vertraut sind, können die Kontrollen auch auf jedes 2. Jahr verschieben. Mit Hilfe dieser Tests soll sichergestellt werden, dass sich nicht unbemerkt Diätfehler einschleichen. Sie geben aber auch eine gute Rückmeldung an die Betroffenen, dass sie die Diät gut umsetzen und bestärken sie in der Einhaltung.

Magenspiegelungen werden zwar oft angeboten, sind aber bei einem unkomplizierten Verlauf meist nicht notwendig. Sie sollten bei anhaltenden Beschwerden, bei unsicherer Diagnose und falls anfangs keine Antikörper nachweisbar waren oder nicht untersucht wurden, durchgeführt werden. Dabei sollte auf einen ausreichend langen Abstand zur Diagnosestellung geachtet werden, da die Schleimhautveränderungen oftmals eher länger benötigen, um sich zurückzubilden. Daher sollte die Untersuchung frühestens nach einem Jahr, besser erst nach 2 Jahren stattfinden, wenn sie notwendig erscheint.

Laborwerte, die immer wieder auffällig sind, sollte bei diesen Verlaufskontrollen auch getestet werden. Aber man muss nicht jedes Jahr jeden Wert untersuchen lassen. Treten neue Beschwerden auf, muss man aber immer auch überlegen, ob ein Nährstoffmangel dahinterstecken kann.

Was sollte noch bedacht werden?

Schulungen

Um mit der Erkrankung und einer veränderten Ernährung gut zurecht zu kommen, ist es für alle Betroffenen wichtig, sich so gut wie möglich mit Erkrankung und Ernährung auszukennen und Hintergrundwissen zu erhalten. Dazu sind Schulungen und ein Informationsaustausch wie die DZG dies anbietet z.B. Schulungen für Neubetroffene, Veranstaltungen und Treffen der regionalen Gesprächsgruppen für Zöliakie wichtige Bestandteile. Auch online gibt es Angebote der DZG oder wie z.B. ein im Rahmen eines EU-Projektes entwickeltes Lernprogramms. Dieses kann man unter www.zoeliakie-verstehen.de abrufen.

Aber Vorsicht: Nicht alle Informationen im Internet zum Thema Zöliakie, Glutenunverträglichkeit und glutenfreie Ernährung sind richtig. Am verlässlichsten sind Informationen, die von der DZG empfohlen werden oder von der DZG ausgesprochen werden.

Impfungen

Impfungen sollten und können bei Zöliakie-Betroffenen gemäß der gültigen STIKO-Empfehlungen durchgeführt werden. Hier gibt es keine Einschränkungen oder besondere Maßnahmen, die berücksichtigt werden müssten. Individuell muss immer durch den impfenden Arzt beurteilt werden, ob im Einzelfall Kontraindikationen für bestimmte Impfungen bestehen.

Über die üblichen Impfungen hinaus wird es Zöliakie-Patienten empfohlen, sich gegen Pneumokokken impfen zu lassen, wenn dies noch nicht in der Kindheit erfolgt ist. In Studien wurde ein etwas erhöhtes Risiko für diese bakterielle Erkrankung bei Zöliakie-Patienten nachgewiesen. Dies gilt vor allem dann, wenn eine Unterfunktion der Milz (Hyposplenismus) bekannt ist.